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Jahresbericht Europäische Schausteller-Union 2023

24.01.2024,

ESU-Informationen 1/2024

„Die weite Welt ist unser Feld“, unter diesem Motto reisen die Schaustellerinnen und Schausteller seit Generationen von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf und bieten Millionen von Menschen auf den Volksfesten und Weihnachtsmärkten ein grenzenloses Vergnügen.
Das Wort „grenzenlos“ darf hier durchaus wörtlich verstanden werden, denn viele Schaustellerunternehmen beschicken traditionell auch grenzüberschreitend die Volksfeste.
So unterschiedlich bunt die Volksfeste in aller Welt sind, ob in Europa, Amerika, Asien oder Australien, die Schaustellerfamilien verbindet weltweit doch die eine Maxime:
Einigkeit macht stark!


Nachfolgend eine Auswahl von Arbeitsschwerpunkten der Europäischen Schausteller-Union im Jahr 2023.

ESU-Kongress in Monte Carlo: Erfolg durch Zusammenarbeit!


Die Freude war bei allen Teilnehmenden des 42. ESU-Kongresses groß, nach der Corona-Pandemie und den mit der Krise verbundenen Einschränkungen, sich endlich wieder im Kollegenkreis zu treffen und wieder „in Präsenz“ tagen zu können. Die Generalversammlung am 22. Januar bildete den Abschluss des dreitägigen internationalen Schaustellertreffens 2023 in Monte Carlo.
Zu Beginn der Plenumssitzung begrüßte Präsident Albert Ritter sehr herzlich die Schaustellerinnen und Schausteller aus Deutschland, Niederlande, Belgien, Schweiz, Norwegen, Schweden, Großbritannien, Portugal und Frankreich.
Im anschließenden Rückblick von Präsident Ritter und Generalsekretär Steve Severeyns auf die Arbeit der ESU standen die Folgen der Corona-Pandemie für das Schaustellergewerbe und die Volksfeste in Europa im Mittelpunkt.
Die Pandemie habe, so Ritter, die europäische Schaustellerbranche besonders hart getroffen. Doch gerade in dieser Krise habe sich wieder einmal gezeigt, wie wichtig der Zusammenhalt unter den Schaustellerinnen und Schaustellern über die Grenzen hinaus ist. „Wir haben uns nicht unterkriegen lassen“, sagte Albert Ritter, „sondern haben gemeinsam für den Erhalt der Volksfeste, Kirmessen und Weihnachtsmärkte gekämpft.“
Generalsekretär Severeyns erinnerte daran, dass überall in Europa in der Corona-Krise zehntausende Schaustellerinnen und Schausteller demonstriert hätten, um auf die dramatische Situation der Branche aufmerksam zu machen und Forderungen an die Politik zu stellen. Als Beispiele nannte er die Demonstrationen in den Niederlanden (11.05.2020), Deutschland (02.07.2020), Belgien (31.07.2020), Schweiz (19.08.2020) und Italien (26.03.2021).

Nach Vorstellung der Arbeitsergebnisse informierte DSB-Hauptgeschäftsführer Frank Hakelberg über aktuelle Schaustellerthemen in Deutschland, die auch, wie Präsident Ritter betonte, die Verbände und Unternehmen in den europäischen Nachbarländern betreffen.
Im Vordergrund des Berichtes von Frank Hakelberg standen ein Überblick zu den staatlichen Corona-Hilfen, das Thema „Verbundene Unternehmen“, das Verpackungsgesetz, der Arbeitskräftemangel und die Auswirkungen der Energiekrise auf das Schaustellergewerbe.
Die Förderung der Bildungschancen für Schaustellerkinder und -jugendliche ist eine zentrale Aufgabe der Europäischen Schausteller-Union. Nina Crommelin, stellvertretende ESU-Generalsekretärin und Mitglied im Vorstand des europäischen Bildungsnetzwerks ENTE, berichtete über den aktuellen Stand europäischer Bildungsprojekte für den Schaustellernachwuchs.
Im Anschluss an die Fachvorträge diskutierten die Delegierten weitere aktuelle Themen aus den ESU-Verbänden. Als neue Mitgliedsverbände wurden mit jeweils einstimmigem Beschluss die Schaustellerverbände Fédération des Forains de France (Frankreich), vertreten durch Vizepräsident Saquet Xavier, und Associação dos Profissionais Itinerantes Certificados (Portugal), vertreten durch Präsident Luís Paulo Fernandes, in die ESU aufgenommen. Präsident Albert Ritter hieß die neuen Verbände herzlich im Kreis der ESU willkommen.
Auf Einladung des ESU-Präsidiums nahmen die britischen Schaustellerinnen Joannie Peaks und Bernice Wall an der Tagung in Monte Carlo teil und stellten mit einer Power-Point-Präsentation die Kampagne „Future 4 Fairgrounds“ vor.

Bei den Präsidiumswahlen wurde Albert Ritter mit großer Mehrheit in seinem Amt als Präsident bestätigt. Ihm zur Seite stehen für die nächste Amtsperiode die ebenfalls wiedergewählten Vizepräsidenten Atze Lubach-Koers und Charles Senn sowie die neugewählten Vizepräsidenten Are Arnardo und Alex James Colquhoun. Komplettiert wird das ESU-Team durch den ebenfalls in seinem Amt bestätigten Generalsekretär Steve Severeyns und die wiedergewählte stellvertretende Generalsekretärin Nina Crommelin.
Ebenfalls bestätigt wurde in Monte Carlo die Präsidentin der Europäischen Schaustellerfrauen-Union Rosa Severeyns; neuer Präsident der Europäischen Schausteller Jugend-Union ist Bernhard Parpalioni.

Kulturelle Anerkennung von Volksfesten und traditioneller Schaustellerei auf gutem Weg


Ein weiterer wichtiger Schritt für die weltweite Zukunftssicherung der Volksfeste und des Schaustellergewerbes konnte 2023 getan werden. Am 31. März wurde der aktualisierte multinationale Antrag zur Anerkennung der lebendigen Volksfestkultur und der traditionellen Schaustellerei als immaterielles Kulturerbe offiziell bei der Hauptgeschäftsstelle der UNESCO in Paris eingereicht.
Schaustellervertreter der nationalen ESU-Verbände hatten in den vergangenen Jahren gemeinsam mit internationalen Kulturexperten die Antragsunterlagen, die neben einer umfassenden Begründung auch eine von der ESU finanzierte Videodokumentation über die kulturhistorische Bedeutung der Schaustellerei und der Volksfeste in Europa enthalten, ausgearbeitet. Der nun in Paris eingereichte aktualisierte Antrag beinhaltet weitere ausführliche Positionen und Argumentationen zur kulturellen Bedeutung des Schaustellerberufs, der durch die Schaustellerinnen und Schausteller in Europa seit Jahrhunderten Generationen übergreifend gepflegt wird.
Der multinationale Antrag wurde stellvertretend durch die Länder Belgien und Frankreich bei der UNESCO eingereicht. Hintergrund ist, dass in diesen Ländern die Volksfestkultur bereits in die jeweiligen nationalen Verzeichnisse aufgenommen worden ist. „Dies ist“, so erklärte ESU-Generalsekretär Steve Severeyns, „eine Voraussetzung für die Nominierung einer Kulturform, wie der europäischen Volksfestkultur, für eine der UNESCO-Listen des Immateriellen Kulturerbes. Länder, in denen zu einem späteren Zeitpunkt die Volksfestkultur und die Schaustellerein national anerkannt werden, können in den multinationalen Antrag integriert werden.“
Der Antrag zur Anerkennung der lebendigen europäischen Volksfestkultur wird nun an den Zwischenstaatlichen UNESCO-Ausschuss weitergeleitet, der nach eingehender Überprüfung durch einen Beratungsausschuss über eine Aufnahme in die Repräsentative Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit entscheidet. Dieser Evaluierungsprozess dauert etwa anderthalb Jahre, so dass mit einer endgültigen Entscheidung Ende 2024 zu rechnen ist.

„70 ... auf ein Bierchen“: Stimmungsvolle Geburtstagsfeier für Präsident Albert Ritter

Sein Herz schlägt voller Stolz für das Schaustellergewerbe und die jahrhundertealte Volksfestkultur in Europa – und das seit nunmehr 70 Jahren. Am 2. Juli feierte Albert Ritter, Präsident der Europäischen Schausteller-Union und des Deutschen Schaustellerbundes, auf dem Cranger Kirmesplatz in Herne mit seinen Gästen den 70. Geburtstag.

Bei bestem Kirmeswetter waren zahlreiche Kolleginnen und Kollegen aus den europäischen und deutschen Schaustellerverbänden, Politiker aus Bund, Land, Kreisen und Kommunen, Vertreter der Kirchen und Verbände sowie Freunde, Weggefährten und Familienmitglieder der Einladung unter dem Motto „70 ... auf ein Bierchen“ in den Biergarten „Zum Ritter“ gefolgt. Im Namen der Europäischen Schausteller-Union gratulierten Vizepräsident Atze Lubach-Koers und die stellvertretende Generalsekretärin Nina Crommelin Albert Ritter zum Geburtstag.

ESU auf Jahreshauptversammlung des Bildungsnetzwerks ENTE

Die Verbesserung der Bildungschancen für Kinder beruflich Reisender in Europa ist die zentrale Aufgabe des Europäischen Bildungsnetzwerks ENTE (European Network for Traveller Education), das 2022 sein zehnjähriges Jubiläum feierte. Die Europäische Schausteller-Union ist ein Gründungsmitglied von ENTE und unterstützt seit Jahren die Arbeit des Vereins. Am 13. September fand die diesjährige Hauptversammlung in Hilden statt, an der für die ESU-Präsident Albert Ritter teilnahm.
Zu Beginn hieß Präsident Bernhard van Welzenes die Vertreterinnen und Vertreter der ENTE-Mitgliedsorganisationen ESU, Deutscher Schaustellerbund (DSB), European Circus Association (ECA), Stichting Rijdende School, Katholische Circus- und Schaustellerseelsorge, RK Parochie voor Kermis, Circus en Binnenvaart u. FORUM, Bundesverband für die Bildung der Kinder beruflich Reisender (BERiD), Circus- und Schaustellerseelsorge der Evangelischen Kirche in Deutschland und Institut für individuelle Förderung und Schulmanagement sehr herzlich in der Schule für Circuskinder willkommen. Nora Booij von der Stichting Rijdende School und Bildungsexperte Martin Treichel waren dem Treffen per Video zugeschaltet.
Einen Themenschwerpunkt der Versammlung bildete die Diskussion und Beratung über die Anerkennung der Volksfest- und Circuskultur als immaterielle Kulturgüter. Hierzu informierten ESU-Präsident Albert Ritter, ECA-Geschäftsführer Helmut Grosscurth und die Historikerin und Schaustellerin Dr. Margit Ramus über den aktuellen Sachstand. Am 31.März 2023 hatte die ESU den aktualisierten multinationale Antrag zur Anerkennung der lebendigen Volksfestkultur und der traditionellen Schaustellerei als immaterielles Kulturerbe offiziell bei der Hauptgeschäftsstelle der UNESCO in Paris eingereicht.
Ebenfalls im März 2023 war der „Zirkus als eigenständige Form der Darstellenden Kunst“ in das deutsche „Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes“ aufgenommen worden.
Seit Mai 2023 ist ENTE offizielles Mitglied der europäischen Lobbyorganisation für Kinder und Jugendliche Eurochild. Die Arbeit des 2004 gegründeten Netzwerks orientiert sich an der UN-Kinderrechtskonvention. Die Vision ist eine Gesellschaft, in der Kinder glücklich, gesund und selbstbewusst aufwachsen können, indem ihre Rechte geachtet und umgesetzt werden. Dafür vernetzen sich bei Eurochild verschiedene Organisationen, Akteure und Dachverbände auf europäischer Ebene, um sich auszutauschen und ihre Arbeit zu koordinieren. Eurochild wendet sich regelmäßig mit Empfehlungen an die Europäische Kommission, das Europäische Parlament, den Europarat und die Vereinten Nationen. Weitere Arbeitsinstrumente von Eurochild sind Kampagnen, Diskussionsforen, Konferenzen, Seminare und Publikationen. Das Netzwerk umfasst über 200 Mitglieder in 41 Ländern.
Die Europäische Schausteller-Union hatte den Antrag von ENTE zur Aufnahme bei Eurochild unterstützt. Präsident Bernhard van Welzenes dankte auf der Jahresversammlung in Hilden der ESU nochmals für ihr erfolgreiches Engagement. Die Teilnehmenden berieten anschließend die zukünftigen Arbeitsaufgaben und Ziele von ENTE im Netzwerk Eurochild. Ein weiteres Thema der Tagung waren die Vorbereitungen zur Teilnahme von ENTE an der internationalen Bildungskonferenz im Rahmen des Circusfestivals 2024 in Budapest vom 10. bis 15. Januar 2024.

Saisonbilanz 2023: Deutliches Signal für die Zukunft der Volksfeste


Nach dem erfolgreichen Neustart der Volksfeste in 2022 zeigte sich auch im zweiten Jahr nach dem Ende der Coronakrise ein positiver Trend auf den europäischen Plätzen: „Die Leute wollen Kirmes und Volksfeste!“, erklärte Präsident Albert Ritter zum Abschluss der Saison 2023. Seit dem Abklingen der Corona-Pandemie gebe es eine „regelrechte Renaissance“, die den Schaustellerbetrieben Hoffnung mache. Zwar bedeuteten der Personalmangel und die hohen Energiekosten – um nur zwei aktuelle Beispiele zu nennen – für die Schaustellerunternehmen in Europa nach wie vor große Probleme; allerdings sei, so Albert Ritter, die „Abstimmung der Kirmesbesucher mit den Füßen“ ein deutliches Signal für die Zukunft der Volksfeste und des Schaustellergewerbes.
Auch Generalsekretär Steve Severeyns zeigte sich bei der Bewertung der Saisonergebnisse zuversichtlich. Zwar habe das Wetter mit einigen Regenwochen und heißen Tagen nicht so gut mitgespielt wie im vergangenen Jahr, „aber trotzdem können wir von einer guten Saison sprechen“, so Steve Severeyns. „Die Menschen“, erklärte er, „haben wieder ihren Weg zur Kirmes gefunden und sie wollen feiern! Diesen Trend bestätigen uns auch die Rückmeldungen aus den nationalen ESU Verbänden; auch wenn, wie gesagt, das Wetter nicht so mitgespielt hat. Die Gesamtentwicklung stimmt uns natürlich auch froh, zeigt sie doch, dass das Kulturgut Volksfest nach wie vor Zukunft hat und sich trotz der großen Konkurrenz im Freizeitbereich behaupten kann. Trotz einiger Unkenrufe aus der Politik während der Corona-Pandemie, als die Zukunft der Volksfeste als öffentliche Veranstaltungen unter freiem Himmel in Frage gestellt wurde, können wir heute sagen: Es gibt eine Zukunft für die Volksfeste! Es gibt eine Zukunft für die nächsten Schaustellergenerationen! Und die ESU mit ihren nationalen Schaustellerverbänden wird sich weiterhin für akzeptable Rahmenbedingungen zum Wohle der europäischen Schaustellerbetriebe einsetzen. Das stimmt uns positiv und gibt uns wieder die Kraft und den Mut, um weiter zu kämpfen.“

ESU-Informationen
Informationsdienst der Europäischen Schausteller-Union
Ausgabe 1.2024, 18.01.2024
Redaktion
Albert Ritter (verantwortlich)
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Ansprechpartner
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